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Erbschaftssteuer: Steuern sparen durch Ausschlagung

|   Rechtstipp

Bei der Vererbung von Vermögenswerten kann – allen voran aufgrund im Nachlass befindlicher Immobilien – die Situation eintreten, dass ein beispielsweise durch Testament begünstigter Erbe bei Annahme der Erbschaft die ihm nach dem Erbschaftsteuergesetz zustehenden Freibeträge überschreiten würde, mit der Folge, dass Erbschaftssteuern anfallen.
Auch bei möglicherweise ungünstig gewählten testamentarischen Verfügungen zugunsten überlebender Ehegatten kann die Situation eintreten, dass trotz hoher Freibeträge Erbschaftssteuern anfallen.
Gerade im letztgenannten Fall kommt als Alternative in Betracht, eine Ausschlagung zu erklären. Vom überlebenden Ehepartner, der mit dem Erblasser im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Güterstand) verheiratet war, kann dann der vollständig steuerfreie Zugewinnausgleichsanspruch geltend gemacht werden.
Parallel dazu steht dann dem überlebenden Ehepartner noch ein Pflichtteilsanspruch zu, der neben Abkömmlingen 1/8 des Nachlasses des Verstorbenen beträgt.
Da der Zugewinnausgleich komplett steuerfrei ist (§ 5 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz) und die Zugewinnausgleichsforderung bei den dann allein erbenden Kindern als Nachlassverbindlichkeit vom Wert des Nachlasses abgezogen wird, kann auf diesem Weg gegebenenfalls ein nahezu steuerfreier Vermögensübergang bewirkt
werden. Den Kindern steht jeweils ein Freibetrag von 400.000,00 € zu.
Bei geschickter Gestaltung und Ausnutzung des Ausschlagungsrechts können so erhebliche Steuerlasten vermieden werden.
Allerdings ist zu beachten, dass für die Ausschlagung lediglich eine Frist von sechs Wochen zur Verfügung steht. Hat der Erblasser eine letztwillige Verfügung errichtet, beginnt diese Frist aber nicht zu laufen, bevor dem Erben vom Nachlassgericht die letztwillige Verfügung mit dem Eröffnungsprotokoll
zugeleitet worden ist. Aber auch bei einem unverheirateten oder verwitweten Erblasser (also beispielsweise bei Ehepartnern nach dem zweiten Erbfall) kann eine Ausschlagung ein interessantes steuersparendes Gestaltungsmittel sein:Falls nach einer Ausschlagung durchden alleinigen Abkömmling dessen Kinder (Enkel des Erblassers) als Erben berufen wären (Regelfall), beträgt zwar für jedes Enkelkind der Freibetrag nur 200.000,00 €; dieser Freibetrag würde nicht ausgeschöpft werden können, wenn sie nicht Erben werden.
Hier bietet das Erbschaftssteuerrecht eine interessante Gestaltungsmöglichkeit: Vereinbart das Kind, das nach Testament als Alleinerbe berufen wäre, mit den nachrückenden Erben (den eigenen Kindern, also Enkeln des Erblassers) die Zahlung einer Abfindung, so unterliegt diese Abfindung wiederum der Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz. Diese Abfindung gilt dann nicht als von den Enkeln bezahlt, sondern als vom Erblasser stammend, mit dem genannten Freibetrag von 400.000,00 € für das ausschlagende Kind. Eine solche Abfindung kann in der Zahlung einer frei festgelegten Geldsumme bestehen, alternativ dazu aber auch in Form beispielsweise der Absicherung einer Wohnmöglichkeit durch Wohnrechtsbestellung oder Bestellung
eines Nießbrauchs erfolgen. Damit kann die Höhe der Abfindung und letztlich somit die anfallende Erbschaftssteuer konkret gesteuert werden. Allen voran können so die weiteren, für die Enkel eröffneten Freibeträge ausgeschöpft werden.
Es empfiehlt sich daher, vor einer unreflektierten Annahme der Erbschaft und beispielsweise Veräußerung von Nachlassgegenständen durch den Erben über die Alternative der Ausschlagung und Vereinbarung einer Abfindung zu reflektieren. Zu beachten ist, dass diese Möglichkeit dann nicht mehr eröffnet ist, wenn der Abkömmling das Erbe ausdrücklich durch Beantragung eines Erbscheins oder durch bestimmteVerhaltensweisen, wie Verfügung über
Nachlassgegenstände oder Abhebung von Geld, schlüssig die Erbschaft angenommen hat.


Peter W. Vollmer
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht
VOLLMER. BOCK. WINDISCH.
RENZ. GÖBEL


Rheinstraße 105, 55116 Mainz
Telefon 06131 576397-0
www.vbwr.de

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