Wohnrecht am eigenen Grundstück?
Der Bundesgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung (BGH-Beschluss vom 02.03.2023, Az.: V ZB 64/21) mit der Frage beschäftigt, ob sich ein Eigentümer an seinem eigenen Grundstück ein Wohnungsrecht (§1093 Abs. 1 BGB) bestellen kann. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bejaht.
Ein Eigentümer gründete eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit zwei weiteren Personen und übertrug das Grundstück als Einlage an die Gesellschaft, bewilligte jedoch zuvor zu seinen Gunsten ein Wohnungsrecht mit der Bestimmung, dass die Ausübung dieses Rechts dritten Personen nicht überlassen werden könne. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde ebenso als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wie das Wohnungsrecht.
Über das Vermögen des vormaligen Eigentümers wurde etwas später das Insolvenzverfahren eröffnet, der erfolgreich im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückgewähr des Grundstücks bewirkte, wodurch der vormalige Eigentümer wieder Eigentümer wurde. Der Insolvenzverwalter veranlasste auch die Löschung des Wohnungsrechts, womit der Insolvenzschuldner, vormaliger und erneuter Eigentümer, nicht einverstanden war. Der Bundesgerichtshof hat die Vorgehensweise des Insolvenzverwalters abgesegnet.
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter übergegangen und damit auch die sogenannte „Bewilligungsbefugnis“, also das Recht, beispielsweise eine eigetragene Belastung zur
Löschung, zu bewilligen.
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass das Wohnungsrecht des Insolvenzschuldners ebenso wie das Grundstück selbst in die Insolvenzmasse fällt, weil der Insolvenzschuldner das Eigentum zurückerlangt hatte und das Wohnungsrecht zum „Eigentümerwohnungsrecht“ geworden ist. Auch das Eigentümerwohnungsrecht sei pfändbar, wenngleich dies in der Literatur
teilweise verneint wird.
Der Bundesgerichtshof betont, dass er in ständiger Rechtsprechung die Pfändbarkeit einer Belastung annimmt, wenn Eigentümer und Berechtigter (namentlich bei beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten) personenidentisch sind. Spezifisch für die beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten ist dies ständige Rechtsprechung, wenngleich die Annahme beschränkt dinglicher Rechte an eigenen Grundstücken die Ausnahme darstellt.
Es dürfte daher auch zukünftig wenig hilfreich sein, die Verwertbarkeit einer Immobilie bei potentiell möglicher Insolvenzgefahr durch Übertragung der Immobilie unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts zu beschränken.
Peter W. Vollmer
Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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